Autor: Franzjosef Thema: Große Achse - Umbau der originalen Gelenke von GWB auf Unimog 406  (Gelesen 5940 mal)

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Offline Franzjosef

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Grüß Euch!

Ich habe schon seit einigen Jahren geplant, die Achsschenkelbolzen bei meinem 4S1 zu erneuern und bei dieser Gelegenheit auch die Doppelrollengelenke von GWB mit größeren Nadellagern zu überholen.
Nach dem Zerlegen zeigte sich, dass alle Achsschenkelbolzen total abgenutzt und im Querschnitt bereits oval waren und der Bolzen links unten sogar innen abgebrochen war.
Da ich mit der Anfertigung von neuen Bolzen und Buchsen ohnehin gerechnet hatte, war das für mich kein so großes Problem.
Leider stellte sich aber auch heraus, dass die Doppelrollengelenke an den Zapfen so stark abgenutzt waren, dass die geplante Reparatur mit Abschleifen der Zapfen und Verwendung von Lagern mit größeren (dickeren) Nadeln aussichtslos schien.
Da GWB Doppelrollengelenke für die große Vorderachse neu überhaupt nicht und auch gebraucht nur sehr selten und dann meistens in stark abgenütztem Zustand zum Goldpreis zu haben sind, habe ich mich nach Alternativen umgesehen.
Ich habe lange nach einem Doppelrollengelenk gesucht, das von den wichtigsten Abmessungen (Außendurchmesser, Abstand der Lagerung der Achswellen) ungefähr gleich wie das originale Gelenk ist und bin auf die Gelenke vom Unimog 406 gekommen.
Als Lieferadresse hat sich die Firma VAM PARTS in Belgien bewährt, die mit gebrauchten Unimog-Teilen handelt und mir 2 gute, gebrauchte Gelenke vom Unimog 406 sehr günstig lieferte.
Die Anfertigung von neuen Bolzen für die Verbindung der MAN-Antriebswellen mit den Unimog-Gelenken (Bolzendurchmesser MAN ca. 27mm, Unimog ca. 24mm) und die Anpassung der Breite der Achswellen im Bereich der Bohrungen für die Bolzen (Breite MAN ca. 58mm, Unimog ca. 49mm) hat ein Maschinenbau-Betrieb in meiner Nähe übernommen und gute Arbeit geleistet.
Dieser Betrieb hat mir auch die neuen Achsschenkelbolzen samt Buchsen angefertigt.
Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden, da die Gelenke so gut passen, dass der Umbau nur für MAN-/Unimog Experten erkennbar ist und die Haltbarkeit der Gelenke, die im Unimog bei gesperrter Vorderachse die ganze Motorkraft auf 1 Rad übertragen können, mehr als ausreichend für den Einsatz im MAN sein sollte.
Abgesehen davon sind für dieses Gelenk Reparatursätze, aber auch fast alle Teile einzeln verfügbar.
Ich bin überzeugt, dass meine Entscheidung, passende Gelenke von einem anderen Fahrzeug zu verwenden und mich nicht mit Reparaturversuchen bei den total verbrauchten Originalgelenken aufzuhalten, richtig war - aber seht selbst die Fotos, die Ulli für mich einfügen wird.
Die Reparatur der Achse kostete mich für Material und Arbeit für den Maschinenbau ca EUR 1300 (EUR 400 für Bolzen und Buchsen der Achsschenkel, EUR 340 für 2 gebrauchte Unimog-Doppelrollengelenke samt Unimog-Wellen, EUR 500 für die Bolzen und die Anpassung der MAN-Wellen an die Unimog-Gelenke, EUR 40 für die unteren Achsschenkellager 42x72,5x21 von Ford, Nr. 81816723, und EUR 20 für 2 Simmerringe im Achsrohr 45x60x7).
Die passenden Scheiben zum Ausdistanzieren der Achsschenkel habe ich in Abstufungen von Zehntel-Millimetern bei einem Reparaturbetrieb für Hydraulikbagger bekommen, der damit die Lagerung der Hydraulikstempel ausdistanziert.
Das Zerlegen der Achse und den Zusammenbau habe ich mit Unterstützung von einem Bekannten selbst übernommen.
Die Fotos werden demnächst von Ulli eingestellt (vielen Dank!), da bei mir aus technischen Gründen das Hochladen von Fotos nicht funktioniert.

Viele Grüße
Franzjosef

Offline RMW-Gerhard

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Hallo Franzjosef,

ich muß dir für diesen Beitrag mal ein großes Kompliment aussprechen, obwohl ich für mich persönlich keinen großen Nutzen habe. Einen so schönen, großen MAN habe ich nämlich nicht, aber 4S1/2 Besitzer werden sich freuen!
Kompliment deswegen.....dieser Beitrag liest sich einfach toll, ist technisch logisch im Aufbau gegliedert, der Leser kann sofort nachvollziehen was, wie gemeint ist!
Die Beachtung der Groß- und Kleinschreibung trägt dazu wesentlich bei!
Klasse, das mußte ich einfach mal los werden!

Gruß
Gerhard
Bei allem was du tust........denk an das Ende!

Offline 18ender

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Jo, muss dem zustimmen - super Beitrag und top zu Verstehen!
Fehlt mir nur noch der 4S2....leider.
Matthias

Offline NicNic

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Hallo MANler
Hier die Bilder Zum Bericht von Franzjosef.

Gruß Ulli

Offline MAN-fantast

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Hallo Franzjosef,

ich habe Deine brilliante Lösung etwas verfolgt.  Die Modellbezeichnung "U 406" ist leider zu sparsam, denn es gibt angeblich sechs unterschiedliche Varianten von Antriebswellen.  Es würde mich freuen wenn Du genauere Auskünfte besitzt.

Gruss
Magne
Schönen MAN-Gruß aus Norwegen

Magne

Offline Franzjosef

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Hallo Magne,

die verwendeten Gelenke stammen von der F-Achse und sollten auch von der G-Achse passen. Die F-Achse wurde ab 1968 und die G-Achse ab 1971 gebaut (bis 1973 mit Trommelbremse) und in die Modelle 403/406 und 416 eingebaut.
Beide Achsen unterscheiden sich zwar teilweise durch die Übersetzung und die Länge am Differential, sind aber von den Maßen der Doppelgelenke identisch.
Da ich rasch auf die Firma VAM PARTS gestoßen bin, die diese Gelenke recht günstig angeboten hat, habe ich mich gar nicht mit der Frage beschäftigt, ob auch andere oder neuere Gelenke vom Unimog passen könnten.

Viele Grüße
Franzjosef

Offline MAN-fantast

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Danke für die kompetente Antwort Franzjosef!  Ich habe die Details zu meinem Unimog-Spezialist weiter geleitet, mal sehen was daraus kommt.

Gruss, Magne
Schönen MAN-Gruß aus Norwegen

Magne

Offline 18ender

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Auch wenn es hier bei der so glücklich und toll passenden Antwort zur super Lösung der großes Allradachse.... vielleicht nicht ganz hinpasst .... ich habe den Verdacht, dass die Allrad Kreuz Gelenke und Steckachsen von Kramer zur mittleren MAN Allrad Achse passen könnten... bin alles andere als DER Techniker der das belegen könnte, habe aber so meinen Verdachtsgrund, könnt Ihr das recherchieren, denn die Kramer Allrad Ersatzteilversorgung ist ja auch noch existent!
Matthias

Offline langerschrauber

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Hallo franzjosef,
wie hast du die Bolzen aus der Antriebswelle bzw aus dem kreuzgelenk bekommen? Kann es sein das die eingepresst sind ? LG lars

Offline Franzjosef

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Hallo,

@18ender: Ich denke, dass du dich da täuscht, denn die Ersatzteilversorgung von Kramer für die Allradtypen bei den Schleppern kannst du weitgehend vergessen. Ich lese auch im Kramer-Forum mit und eigentlich ist alles, was nicht von Deutz (Motore) und ZF (Getriebe einiger Modelle, die neueren haben Kramer Getriebe) zugeliefert wurde, sehr schwierig zu beschaffen.
Ein Bekannter von mir hat einen Kramer 514 Allrad mit ausgeschlagenen Gelenken und musste ewig lange suchen, bis er "zum Goldpreis" gebrauchte Teile bekommen hat. Kramer hat ja eigene Allradachsen verbaut (die grundsätzlich sehr gut und stabil sind) und die Stückzahlen von Allradschleppern waren in den 60er und 70er Jahren im Vergleich zu heute sehr klein.
Ich bin nicht zuletzt deshalb auf die Unimog Gelenke gekommen, da diese Gelenke bzw. Teile davon weit verbreitet und damit relativ leicht und verhältnismäßig günstig zu haben sind. Natürlich würde es auch noch andere Gelenke geben, die passen sollten, aber allzu viele waren es nicht, die ich in vielen Stunden der Suche in den Unterlagen meiner LKW-Werkstatt (mit Gelenkwellen-Service) gefunden habe.
@langerschrauber: Die Bolzen sind extrem fest gesessen und wurde mit der 50-Tonnen Presse einer LKW-Werkstatt entfernt.

Viele Grüße
Franzjosef
« Letzte Änderung: 03.04.2017, 06:32:07 von Franzjosef »